Ansätze, Methoden und Forschungsfelder einer interdisziplinären Demokratiegeschichte

Ansätze, Methoden und Forschungsfelder einer interdisziplinären Demokratiegeschichte

Organisatoren
Andreas Braune, Michael Dreyer, Markus Lang
Veranstaltungsort
Kulturzentrum Mon Ami, Goetheplatz 11
PLZ
99423
Ort
Weimar
Land
Deutschland
Fand statt
In Präsenz
Vom - Bis
23.02.2023 - 25.02.2023
Von
Sebastian Elsbach, Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte, Weimar; Dennis Lay, Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte, Friedrich Schiller Universität Jena

Das Feld der Demokratiegeschichte entwickelte sich in den vergangenen Jahren angesichts wissenschaftlicher wie öffentlicher Aufmerksamkeit rasant. Ziel der interdisziplinär ausgerichteten Tagung war eine Bestandsaufnahme zu treffen. Knapp drei Dutzend Forscher:innen kamen zusammen, um die jeweilige Sichtweise einer bestimmten Fachdisziplin auf die Demokratiegeschichte darzulegen und zur Diskussion zu stellen. Der historische Rahmen reichte dabei von der Frühen Neuzeit bis zur Zeitgeschichte. Stark vertreten waren neben der Historiographie auch die Politik-, Kultur, und Rechtswissenschaft. Erwartungsgemäß divers waren die Ansichten auf das Phänomen Demokratie bzw. dessen historische Entwicklung in Form der Demokratiegeschichte.

Nach einer Begrüßung durch Michael Dreyer benannte ANDREAS BRAUNE (Jena) als übergreifende Problemfrage die Spannung zwischen einer teleologischen Wahrnehmung der historischen Demokratie und der prinzipiellen Offenheit von Demokratie als empirischem Verfahren. Demokratie war demnach immer und ist auch weiterhin ein ergebnisoffener Entwicklungsprozess. Gleichwohl lasse sich eine Progression in der bisherigen modernen Geschichte hin zu mehr Gleichheit, mehr Freiheit und mehr Partizipation nicht verleugnen. Braune identifizierte ein Bedürfnis nach mehr Interdisziplinarität und regte an, den Begriff „Demokratiegeschichte“ zu einem Schlagwort der geschichtswissenschaftlichen Teildisziplin und Ansätze auf H-Soz-Kult zu machen.

LARS BEHRISCH (Utrecht) verwarf sogleich das klassische Narrativ eines decline & rise der Demokratie vom antiken Griechenland hin zum ‚Wiederaufleben‘ der Demokratie seit der Neuzeit. Demokratie als modernes Institutionengefüge lasse sich aufgrund zahlreicher historischer Brüche nicht beliebig auf vergangene Epochen zurückprojizieren. Die Partizipation von Ständen sei stets als Privileg von „Geburtseliten“ verstanden worden. Die Idee einer politischen Ungleichheit der Menschen im Diesseits sei dementsprechend ein unverrückbarer Bestandteil dieser Werteordnungen gewesen.

Auch KLAUS RIES (Jena). kritisierte die Annahme einer vermeintlich fortschreitenden Demokratisierung von konstitutionellen Monarchien hin zu Demokratien grundsätzlich. Die Französische Revolution sei in den deutschen Staaten vor allem als Bedrohung verstanden worden. Folgerichtig wurden Demokraten von staatlicher Seite als Terroristen bekämpft. Hiermit einher ging die Trennung des deutschen Liberalismus von der demokratischen Bewegung. Der deutsche Konstitutionalismus, so Ries, diente in diesem Sinne vor allem der Abwehr der Demokratie und die Oktoberreformen 1918 seien demnach nicht der Endpunkt einer zwangsläufigen Entwicklung gewesen.

ECKART CONZE (Marburg) deutete die Durchsetzung der heutigen Massendemokratie seit dem Ersten Weltkrieg nicht als Erfolgs-, sondern als Krisengeschichte. Der Begriff „Masse“ sei zunächst einmal ambivalent besetzt, was die Zwiespältigkeit der industrialisierten Massengesellschaft widerspiegele. Institutionell bedeutete dies vor allem, dass das Parlament als Repräsentationsorgan des gesamtes Volkes – der Masse der Bevölkerung – und nicht nur einer Elite begriffen wurde und wird. Zur Milderung, der hierdurch erzeugten Konflikte wurde u.a. der Wohlfahrtsstaat ausgebaut. Wie die Weimarer Erfahrung zeige, müssen Krisen jedoch nicht zwangsläufig zu einer Stärkung der Demokratie führen. Problematisch seien ferner Versuche von Anti-Demokraten zur Aneignung des Demokratiebegriffs.

MARTIN SABROW (Potsdam) identifizierte am Beispiel ausgewählter Biographien von Mitgliedern der DDR-Elite mehrere Narrative im Umgang mit der Herausforderung sich in eine „Demokratie“ einzugliedern. Das Abkehr-Narrativ bedeute eine Umdeutung des eigenen Engagements und die Findung eines Damaskus-Erlebnisses. Dieses Narrativ laufe damit auf einen Verrat an der eigenen, alten Identität hinaus. Verbreiteter seien daher Kontinuitätserzählungen. Drittens sei ein Reue-Narrativ üblich, demnach die eigene vergangene Begeisterung für antidemokratische Aktivitäten demonstrativ abgelehnt wird. Letztens identifizierte Sabrow ein Narrativ des Leugnens, das auf ein demonstratives Vergessen unpassender Elemente der eigenen oder familiären Biographie hinauslaufe (Stichwort „Opa war kein Nazi“).

KERSTIN WOLFF (Kassel) stellte klar, dass die Repräsentation von Frauen bzw. deren Alltag und Erfahrungswelt für die frühe Neuzeit deutlich besser erforscht sei als in der Zeitgeschichte. Also jenes Zeitraumes, der die Demokratiegeschichte primär interessiert. Die politische Priorisierung des „Männlichen“ bis hin zur Definition des Staates als männlichem Wesen sei Ausfluss von Geschlechtervorstellungen des 19. Jahrhunderts. Dieser tiefgreifende Hintergrund erkläre die lange Fortdauer von „Frauenthemen“ im parlamentarischen Betrieb und den politischen Parteien. Die Idee einer gegenüber dem Staatsmann gleichwertigen Staatsfrau sei langfristig nur im demokratischen Rahmen zu verwirklichen.

HEDWIG RICHTER (München) betonte ebenfalls den konflikthaften Charakter von Demokratie und sprach über die Einbettung der Wahlen in ein kulturelles Bedeutungsgeflecht. Sie lehnte den Ansatz einer Revolutions- und Disruptionsgeschichte des Wählens ab, und fragte, welche Bedeutung Wahlen in der jeweiligen Umgebung hatten. Ein zentrales Legitimationsnarrativ in der Wahlgeschichte spielte der männliche, weiße Körper. So etwa in der US-amerikanischen Republik des 19. Jahrhundert. Die Ausweitung des Wahlaktes auf Farbige und Frauen sei von gewaltsamen Gegenreaktionen begleitet worden. In erneuter Reaktion hierauf wurde die „Rationalisierung“ des Wahlaktes beispielsweise durch die Einführung von Wahlkabinen forciert, sodass die Tradition des carousing am Wahltag verschwand.

Der Abend des ersten Konferenztages wurde, neben der Verleihung der Forschungspreise der Forschungsstelle Weimarer Republik, durch eine Podiumsdiskussion abgerundet. Zunächst wurde festgestellt, dass der jüngste Impuls für die Forschung zur Demokratiegeschichte aus der Vermittlungsarbeit kam und nicht umgekehrt. Das Bedürfnis die heutige Demokratie zu erklären und sie zu stärken war hierbei maßgeblich. Aus einer hierfür notwendigen Professionalisierung der öffentlich-rechtlichen Vermittlungsarbeit in Bezug auf Demokratiegeschichte ergaben sich demnach besonders für kleinere Einrichtungen Probleme. Ähnlich wie bei den öffentlich-rechtlichen Medien stünde die Vermittlungsarbeit unter dem Leitziel der politischen Bildung, wobei allseitig betont wurde, dass selbige nur auf der Basis von Wissenschaftlichkeit und institutioneller Unabhängigkeit funktionieren könne. Die Wissenschaft dürfe heutige, normativ positiv besetzte Demokratieverständnisse hinterfragen. Die Demokratiegeschichte dürfe keine „Legitimationswissenschaft“ sein, deren Zweck bloß die kritiklose Stützung des gesellschaftlichen Status quo sein könne.

KIRSTEN HEINSOHN (Hamburg) berichtete über die Arbeit der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg. Für die Erinnerungskultur spielen regional- oder staatsspezifische Erwartungen eine Rolle, etwa die hohen Erwartungen von Institutionen und Behörden. So etwa bei Aufarbeitung der NS-Vergangenheit als Projekt einer Demokratiegeschichte Bayerns. Die Regional- und Lokalgeschichte habe einen hohen identifikatorischen Charakter für demokratische Akteure, stelle zugleich aber ein großes Problem der Wissenschaft dar, denn diese müsse die Entwicklung dieser Normen empirisch nachvollziehen.

FRANK BÖSCH (Potsdam) sprach über die Medien als integralen Bestandteil der Demokratiegeschichte. Er referierte über die Rolle der Öffentlichkeit als frei zugänglichem Kommunikationsraum (Habermas) und der damit einhergehenden kommunikativen Kraft der Massenpresse seit dem Kaiserreich. Er bilanzierte zudem eine direkte Verschränkung des medialen und politischen Diskurses und stellte infrage, inwieweit Medien als vierte Gewalt angesehen werden können. Zudem verwies er auf die Rolle der Wähler:innen, sowie auf die Politik- und Machtinteressen zwischen Regierung und Opposition.

MICHAEL DREYER (Jena) zeigte am Beispiel der Gewaltenteilung die historische Genese dieser politischen Norm auf. Er widerlegte den verbreiteten Irrtum, demnach Montesquieu als geistiger Vater eines demokratischen Prinzips der Gewaltenteilung angesehen wird. Der Monarchist habe vielmehr die Stabilisierung der Ständeprivilegien zum Ziel gehabt. Gewaltenteilung war ein Element monarchischer Herrschaft, deren autokratischer Gehalt hiermit verwässert, aber nicht aufgelöst werde. Einen demokratischen Gehalt könne die Gewaltenteilung als Garantie für die Partizipation nicht-ständischer Schichten gewinnen. Von den US-amerikanischen federalists sei dies erkannt und genutzt worden.

WOLFRAM PYTA (Stuttgart) konstatierte, dass Demokratie die Herrschaft der Volksmehrheit sei. Das Zentralproblem der Demokratiegeschichte sei aber: Wie wird der Volkswille gebildet? Die Pluralismusforschung sage dazu, dass es den einen Volkswillen nicht gäbe, sondern dieser in den Parlamenten immer wieder neu verhandelt werden müsse. Dementsprechend müsse das Parlament ein Ort des Kompromisses sein, also des institutionalisierten, gesellschaftlichen Ausgleichs. Fraktionen seien in diesem Sinne Instrumente des Kompromisses, wobei deren Geschichtsschreibung stark unterrepräsentiert sei. Der Referent stellte die Frage, ob das Parlament über eine Zeitkultur, eine „Eigenzeit“ verfüge, die erst die Fähigkeit zur Normensetzung ermögliche.

Der Politikwissenschaft böten sich JÜRGEN FALTER (Mainz) zufolge im Umgang mit der Geschichte gewichtige Probleme, insbesondere die Quellen- bzw. Datenlage entspreche kaum der heutigen Situation. Gerade das essenzielle Analyseinstrument der Wahlumfragen existiere in historischen Demokratien schlichtweg nicht. Die Politikwissenschaft biete jedoch zahlreiche Angebote, um diese Missstände zu umschiffen. Falter stellte überblicksartig mehrere dieser Ansätze vor, darunter der Milieuansatz und der rational-choice-Ansatz. Hinsichtlich der Findung von Datensätzen gelte es mit dem Vorhandenen zu arbeiten. Die aufwendige Bildung von belastbaren Datensätzen zur Untersuchung der NSDAP-Wählerschaft stellte Falter im Folgenden dar.

MARKUS LLANQUE (Augsburg) vermisste auf der Tagung eine Repräsentation der Alten Geschichte, da die „Attische Demokratie“ eine enorme Bedeutung in der Selbstwahrnehmung der westlichen Demokratie habe. Ursprünglich sei sie im bürgerlichen Bildungskanon negativ besetzt gewesen. Demokratie wurde mit Demagogie gleichgesetzt und auf einen politischen Kampfbegriff reduziert. Dies sei insofern richtig, als dass die Demokratie ein gegen Widerstände erkämpftes System darstelle. Die Beschreibung eines politischen Systems über dessen Negation sei jedoch problematisch. In der Realität könne es keine „lupenreinen“ Demokratien geben. Demokratiegeschichte brauche einen analytischen Begriff der Demokratie, der notwendigerweise von der Politiktheorie bzw. der politischen Ideengeschichte bereitgestellt werden müsse. Hier böte sich auch im Kontext einer hohen internationalen Verflechtung der Volksbegriff (Demokratie als „Volksherrschaft“) als Ausgangspunkt an.

Der Vortrag von UTE DANIEL (Braunschweig) hatte den Themenschwerpunkt Ungleichheitsforschung. Die Referentin sprach diesbezüglich von einer Großkompression, einer weltweiten Komprimierung in den Industriestaaten von den 1910er-Jahren bis in die 1970er/1980er. Großkatastrophen wie die Weltkriege verringerten demnach die Ungleichheit. Die Ausweitung der Steuerlast insbesondere im Zuge des Ersten Weltkrieges habe in der Unternehmerschaft jedoch extreme Widerstände hervorgerufen. Die Zerstörung des Parlamentarismus ab 1930 sei wesentlich hiermit zu erklären. Ungleichheit wieder herzustellen, war insofern erklärtes Ziel einflussreicher Teile der politischen wie wirtschaftlichen Eliten.

EBERHARD EICHENHOFER (Jena/Berlin) referierte über die Geschichte des sozialen Rechtsstaats. Er hielt fest, dass Menschenrechte im 18. Jahrhundert noch Menschenrechte der bürgerlichen Klasse und ein Plädoyer für die Einflussnahme der Besitzenden waren. Zu einer Ausweitung der personellen Geltung der Menschenrechte kam es erst im 19. Jahrhundert. Das Recht auf den vollen Arbeitsertrag etwa, das Ferdinand Lassalle formuliert hatte, konnte nur durch eine Wahlrechtsreform durchgesetzt werden. Das Wahlrecht wurde so zu einer Angelegenheit der Masse. Die Arbeitsverhältnisse wurden im Kaiserreich gesetzlich geregelt, während die sozialen Menschenrechte erstmals in den Artikeln 151–165 der Weimarer Reichsverfassung kodifiziert wurden.

STEFAN SCHOLL (Mannheim) widmete sich der Begriffsgeschichte der Demokratie in Bezug auf Korpus- und Diskurslinguistik. Er stellte die Frage, ob es genuin demokratische Sprachhandlungen und einen demokratischen Wortschatz gibt. Demokratische Kommunikationszusammenhänge seien insbesondere in Parlamenten, Wahlkämpfen oder politischen Parteien zu finden. Der Demokratiebegriff sei in interdisziplinärer Hinsicht bereits vielfach erforscht worden. Grundsätzlich, so der Referent, müsse der Begriff in seiner Akteurs- und Diskursgebundenheit sowie einer sprachpragmatischen Ebene analysiert werden. Hier böten sich auch sprachwissenschaftliche Methoden an, um beispielsweise die Häufigkeit bestimmter Komposita (wie „Sozialdemokratie“, „Parteiendemokratie“ usw.) untersuchen zu können

SYLVIA KESPER-BIERMANN (Hamburg) erörterte die Perspektive der historischen Bildungsforschung und formulierte einen normativen pädagogischen Auftrag. Hinsichtlich der Methoden könne die historische Bildungsforschung sich an der Ideen-, Sozial- oder Kulturgeschichte orientieren, sei aber prinzipiell als Geschichtswissenschaft zu begreifen. Als Desiderate identifizierte die Referentin die Menschenrechts-, Erwachsenen- oder die Friedensbildung in verschiedenen Epochen. Auch bestimmte Bildungsmedien wie Comics sind bislang noch wenig erforscht, obwohl sie explizit einen niedrigschwelligen, massenwirksamen Zugang zu historischen Themen anbieten.

BERND LADEWIG (Berlin) referierte über den moralischen Fortschritt in der Demokratiegeschichte. Er verwies zu Beginn auf den hiermit einhergehenden Teleologieverdacht und konstatierte drei Fortschrittskriterien: Einbeziehung von zu Unrecht ausgeschlossenen; Gleichstellung von zu Unrecht ungleich gestellten; Berücksichtigung von zu Unrecht ausgeschlossen Inhalten. Der Referent führte wiederholt John Rawls an, nach dem demokratisches Regieren eine Gleichwertigkeit von politischen Freiheiten erfordert. Hinsichtlich der Inhalte sollen Betroffene unter Berücksichtigung von Bedürfniskriterien diskursiv mitregieren. Ladewig verwies auf eine Dialektik der Inklusion und eine Dialektik der egalitären Beteiligung. Mit zunehmendem Anspruchsniveau würden auch die Ungleichheiten zunehmen.

In den Diskussionsrunden wurde das Bemühen der Teleologie zu widerstehen begrüßt. Demokratie müsse als normativ nicht überhöhter Begriff gebraucht werden, auch um Demokratie nicht auf einen „politischen Kampfbegriff“ zu reduzieren. Generell wurde die Reichweite der Demokratie in Bezug darauf diskutiert, welche Personen hierin eingeschlossen seien, welche Ebenen des Systems inwiefern demokratisch gestaltet werden können und wie mit Gegnern der Demokratie umgegangen werden müsse. Verschiedene Bausteine demokratischer Systeme seien in ihren Ursprüngen nicht notwendigerweise demokratisch. Demokratie als Form staatlicher Herrschaft müsse nicht zwingend in allen Facetten als demokratisch begriffen werden. Während Demokratie nicht zuletzt dazu diene, staatliche Herrschaft einzuschränken und die Bürger:innen vor Übergriffen zu schützen, wurde zur Sprache gebracht, dass die Demokratie immer auch ein kollektives Interesse erzeuge, welchem im Konfliktfall individuelle Interessen untergeordnet werden können. Überhaupt stand die Konflikthaftigkeit von Demokratie und deren Etablierung im historischen Prozess im Fokus vieler Beiträge. Der Widerstand gegen die teleologische Überhöhung von Demokratie begründe sich in diesem Sinne ebenfalls damit, dass Demokratisierungsprozesse nicht als definitiv abgeschlossen betrachtet werden sollten. Die Zukunft könne demokratischer sein als die Gegenwart, aber müsse es nicht zwingend. Demokratiegeschichte als Querschnittsthema historisch orientierter Forschungsfelder biete zahlreiche Anknüpfungspunkte und Desiderate.

Die Vorträge und Diskussionsrunden können in voller Länge auf dem YouTube-Kanal „Demokratiegeschichte“ (https://youtube.com/playlist?list=PLbxYPI_boj2t7NT1RfWPD8aJ7Y-7JHQ1Q) angesehen werden.

Konferenzübersicht:

Begrüßung & Einführung

Michael Dreyer / Andreas Braune (Jena): Was ist und zu welchem Ende erforscht man Demokratiegeschichte?

1. Sitzung: DG in der Geschichtswissenschaft I – Epochen

Lars Behrisch (Utrecht): Demokratiegeschichte in der Frühen Neuzeit? (vor 1789)

Klaus Ries (Jena): Demokratiegeschichte im Zeitalter des Konstitutionalismus (1789–1918)

Eckart Conze (Marburg): Demokratiegeschichte im Zeitalter der Massendemokratie (ab 1914)

2. Sitzung: DG in der Geschichtswissenschaft II – Ansätze und Teilbereiche

Martin Sabrow (Potsdam): Demokratische Ankunft als biographische Herausforderung

Kerstin Wolff (Kassel): Geschlechtergeschichte als Querschnittsaufgabe der Demokratiegeschichte

Hedwig Richter (München): Kultur-, emotions- und mentalitätsgeschichtliche Ansätze in der Demokratiegeschichte

Öffentliche Abendveranstaltung & Preisverleihung: Verleihung der Forschungspreise zur Politik, Geschichte und Kultur der Weimarer Republik 2023

Podiumsdiskussion:

„Forschen im Auftrag der Demokratie? Demokratiegeschichte zwischen Geschichtspolitik und Wissenschaft“ mit: Ute Daniel (Braunschweig), Bettina Greiner (Lübeck), Eckart Conze (Marburg), Hans Walter Hütter (Düsseldorf), Moderation: Markus Lang (Weimar)

3. Sitzung: Forum der Preisträgerinnen und Preisträger 2023

Matthias-Erzberger-Preis:

Ben Gattermann (Oldenburg): Paul Gmeiner: Macht, Opposition, Verfolgung Das Leben als Kommunist in Braunschweig 1918–1944

Emily Calcraft (Sheffield): “The Natural and the Unnatural”: Antisemitic Portrayals of Jewish Gender and Sexuality in Weimar Germany

Hugo-Preuß-Preis:

Julia Gehrke (Bonn): Die geistige Zusammenarbeit im Völkerbund und die Gründung der Deutschen Kommission für geistige Zusammenarbeit

Philipp Winkler (Berlin): Die Weimarer Republik als Ort der Demokratiegeschichte. Demokratiegedenken und Wandel von Erinnerungskultur am Beispiel des 100. Gründungsjubiläums der Weimarer Republik in Geschichtsschreibung, Geschichtspolitik und Geschichtskultur

Friedrich-Ebert-Preis:

Albert Dikovich (Wien): Den Umbruch denken. Die mitteleuropäischen Revolutionen nach dem Ersten Weltkrieg und die Politik der Philosophie

Stefan Schubert (Freiburg i. Br.): Von der militärischen zur politischen Heroisierung: Paul von Hindenburg und Philippe Pétain im Vergleich

4. Sitzung: DG in der Geschichtswissenschaft III – Ansätze und Teilbereiche

Kirsten Heinsohn (Hamburg): All democracy is local: Demokratiegeschichte aus regionaler & lokaler Perspektive

Frank Bösch (Potsdam): Medien und Öffentlichkeit in der Demokratiegeschichte

5. Sitzung: Politikwissenschaft und Demokratiegeschichte

Michael Dreyer (Jena): Genese politischer Normen und Institutionen

Wolfram Pyta (Stuttgart): Parteien- und Parlamentsgeschichte

Jürgen Falter (Mainz): Historische Wahlforschung

Marcus Llanque (Augsburg): Politische Ideengeschichte als Demokratiegeschichte

6. Sitzung: Kapitalismus, Ungleichheit, Sozialstaat in der DG

Ute Daniel (Braunschweig): Ungleichheit und Demokratiegeschichte

Eberhard Eichenhofer (Jena/Berlin): Demokratie und sozialer Rechtsstaat

7. Sitzung: Sprachwissenschaft, Historische Bildungsforschung und Religionsgeschichte

Stefan Scholl (Mannheim): Begriffs- und Sprachgeschichte der Demokratiegeschichte

Sylvia Kesper-Biermann (Hamburg): Historischen Bildungsforschung und Demokratiegeschichte

8. Sitzung & Abschlussdiskussion: Politische Philosophie/Ethik

Bernd Ladwig (Berlin): Gibt es einen moralischen Fortschritt in der Demokratiegeschichte?

https://www.weimarforschung.uni-jena.de/veranstaltungen/fachkonferenz-2023-ansaetze-methoden-und-forschungsfelder-einer-interdisziplinaeren-demokratiegeschichte
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